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3. Teil: Wie ich zum Reiseschreiber wurde

Fuß gefasst

 

Im Dezember 1977 konnte ich fünfjähriges Griechenland-Jubiläum feiern. Damals ging ich in Deutschland noch gern zum Griechen. Also gab es reichlich Ouzo, billigen Retsina und den Mykonos-Teller.

 

Beruflich hatte ich überraschend gut Fuß gefasst. Mein Island-Reiseführer erschien 1973, Korfu 1974, Athen 1975, Griechenland 1976. Den Kreta-Band hatte ich an Roswitha Walch-Baduvas abgetreten, die Frau des Gründers von Cretan Holidays, Kostas Baduvas. Seitensprünge hatten mich auch in andere Länder geführt, so dass 1977 auch ein London- und ein Azoren-Reiseführer von mir auf den Markt kamen. Mein geliebtes „Fahr Mit“ war im Herbst 1975 Pleite gegangen, doch ich hatte schnell einen neuen Reiseleiter-Job bei Studiosus gefunden. Der ließ mir mehr Zeit für Reisen und Recherchen auf eigene Faust, Meine erste Studiosus-Reise lief 1976 unterm Titel „Unbekannter Peloponnes“. Im Herbst 1976 hatten wir genug Geld auf dem Konto, um gut fünf Monate lang Asien zu erkunden. Zwei Reiseführer-Verträge hatte ich in der Tasche: Einen für Sri Lanka, einen für Malaysia mit Borneo. Unser Trip führte uns von Indien und Nepal ins ehemalige Ceylon, dann nach Malaysia, Singapur und Thailand. Für Übernachtungen gaben wir selten mehr als fünf D-Mark aus. Mietwagen und Taxis waren tabu, Linienbusse angesagt. So fuhren wir von New Delhi denn auch mit Linienbussen über Afghanistan und den Iran nach Hause. Unser erstes Wiedersehen mit Europa konnten wir auf Chios feiern. Wir hängten noch Samos an und nahmen dann von Athen bis München wieder den Linienbus. Als Handgepäck hatten wir seit dem malaysischen Urwald ein Blasrohr samt Köcher voller Pfeile dabei, das uns an jeder Grenze umfangreiche Erklärungen abverlangte.

 

In Kandy auf Ceylon hatten wir Weihnachten 1976 eine deutsche Rucksacktouristin kennengelernt, die als Hoteltesterin für die Stiftung Warentest arbeitete. Die hatte damals noch einen umfangreichen Reiseteil in ihrer ja auch heute noch existierenden Zeitschrift >test<.. Nach unserer Rückkehr aus Asien schrieb ich an die Redaktion. In meinem frisch gedruckten Briefkopf war zum ersten Mal „Klaus Bötig, Reisejournalist“ zu lesen. Die Antwort des Reiseredakteurs der Zeitschrift >test< kam prompt: Man brauche keine zusätzlichen Hoteltester, sondern einen Reisejournalisten als freien Mitarbeiter. Ob ich die Aufgabe übernehmen wolle? Ich wollte. Von 1978 bis 1983 war ich jährlich jeweils ein oder zwei Wochen in 30 Zielgebieten unterwegs, um einen Artikel für die Stiftung Warentest zu schreiben. So kam ich u.a. nach Ischia und an die nordspanische Atlantikküste, nach Gran Canaria und ins Grödnertal, nach Tunesien, Korsika und Jugoslawien. Obwohl überhaupt kein Wintersportler, durfte ich die drei Skigebiete Tignes, Courchevel und Pongau testen – und als herausforderndste Aufgabe einen großen Report über die FKK-Anlagen am Mittelmeer recherchieren.  Der Job war schweißtreibend, musste ich mich doch jedes Mal vor Betreten einer Anlage entscheiden, ob ich bekleidet oder nackt Gespräche führen und Fotos machen wollte.

 

1979 wurde Christiane dann schwanger. Sie teilte mir das telefonisch mit, als ich für die Stiftung Warentest in der Emilia Romagna unterwegs war. Zwei Tage später trafen wir uns in Venedig. Eins wurde uns bei unseren Gesprächen klar: Es kam eine neue Ära auf uns zu. Ich musste mehr Geld verdienen. Also beschloss ich, fortan nicht mehr durch die Welt zu tingeln und über Länder zu schreiben, von denen ich eigentlich nichts verstand, sondern mich auf Griechenland, Zypern und Norddeutschland zu konzentrieren. So konnten die Recherche-Kosten auf mehrere Bücher verteilt werden und der Ertrag pro Buch war höher. Jetzt ging es mit mir und Hellas erst so richtig los. Christiane und unsere beiden Kinder kamen oft mit auf die Reisen (die Kleinen erhielten bald von Mönchen und Priestern manchmal ein paar Drachmen geschenkt, weil sie Ikonen und Fresken so gut lesen konnten) – und Christiane steuerte zu meinen Büchern und Reportagen im Laufe von fast 50 Jahren viele schöne Fotos bei!

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